Makerspace Liechtenstein
Für ein Ländle ohne Plastik: Ein Besuch im Makerspace Liechtenstein
Der Makerspace im Industriegebiet von Vaduz ist erst ein paar Monate alt. Doch schon jetzt setzen Juliana und Marcel Beck dort 1000 Ideen in die Tat um. Ihr Ziel: Ein plastikfreies Liechtenstein.
Es ist ein weiter Weg von Dubai nach Vaduz, vom Emirat in der Wüste bis ins Fürstentum im Rheintal. Marcel Beck kennt diesen Weg gut. Der 32-Jährige ist in Dubai aufgewachsen, wo sein Vater jahrzehntelang für die Liechtensteiner Firma Hilti tätig war.
Seit 2020 wohnen Marcel und seine Frau Juliana in Vaduz, wo die beiden dieses Jahr den Makerspace Liechtenstein gegründet haben. Warum? Juliana zeigt auf das kreative Durcheinander von Bauteilen und Werkzeugen auf einer Tischplatte in ihrem Makerspace: «Weil es sonst bei uns zu Hause so aussehen würde», sagt die 28-Jährige und lacht.
«Ich bin ein Maker, ich repariere alles», sagt Marcel Beck. Hier recycelt er gerade Plastik mit seiner Frau Juliana.
Der Makerspace Liechtenstein ist erst wenige Monate alt. Fast alles in der Fabrikhalle im Vaduzer Industriegebiet wirkt deshalb nagelneu: Die Holzwände und Dachlatten, welche die einzelnen Bereiche des Makerspaces voneinander trennen. Die gelaserten Holzschilder, die zeigen, wo sich der «Maschinenraum», der «3D-Druck» oder die «Lasertechnik» befinden. Auch die Schraubenzieher, Zangen und Bohrmaschinen in der üppig ausgestatteten Werkstatt haben noch kaum Kratzer.
Blick ins Grüne und aufs Fürstenschloss
Patina hat allein der abgewetzte Industrieboden, auf dem früher die Maschinen der Firma Wachter standen. Das Präzisionsmechanik-Unternehmen ist Eigentümerin des Gebäudes und hat mittlerweile weniger Raumbedarf – deshalb ist Platz frei geworden für den ersten öffentlichen Makerspace des Fürstentums Liechtenstein. Er ist als gemeinnütziger Verein organisiert, und erfahrene Bereichsmanagerinnen und -manager stehen dem Gründerduo Marcel und Juliana zur Seite.
Es dürfte der Makerspace mit der schönsten Aussicht sein: Auf beiden Seiten der Werkstatt blickt man durch grosse Fenster ins Grüne und in die Berge, von der Terrasse aus kann man das Schloss des Fürsten sehen.
Doch Juliana und Marcel haben wenig Zeit, die Aussicht zu geniessen. Nicht nur, weil sie einen Makerspace zum Laufen bringen wollen, sondern vor allem auch wegen ihrer eigenen Firma, die sich im selben Gebäude befindet. Ihre «Kreativ Akademie» ist ein Filmstudio mit Veranstaltungsraum, wo Juliana und Marcel Filmproduktionskurse anbieten und Comedy-Abende organisieren.
Ein Stockwerk tiefer befindet sich der Technopark Liechtenstein, und auf dessen Initiative ist auch der Makerspace entstanden. Als Marcel angefragt wurde, ob er die neue Tüftlerwerkstatt aufbauen wolle, sagte er sofort zu. Er wusste, wie das geht, schon in Dubai hatte er einen Makerspace gegründet. «Dort herrscht eine Wegwerfkultur. Ich aber bin ein Maker, ich repariere alles», sagt er lächelnd.
Kein Makerspace ohne Lasercutter: Hier jener im Makerspace Liechtenstein.
Weil Juliana und Marcel erst seit kurzem in Vaduz leben, gehen sie unbelastet an die Sache heran. «Uns kennt niemand in Liechtenstein», sagt Marcel, das sei im kleinen Fürstentum durchaus ein Vorteil. Jetzt knüpfen die beiden ständig Kontakte, tauschen sich mit Schulen, Firmen und Behörden aus – und sie haben 1000 Ideen, die sie im Makerspace verwirklichen wollen.
PET-Flaschen als Rohstoff für den 3D-Drucker
Schon jetzt sind sie Mitglied bei «Precious Plastic». Der Makerspace Liechtenstein ist Teil dieses gemeinnützigen Kunststoffrecycling-Projekts, zusammen mit Plastik-Handwerkern und Tüftlern auf der ganzen Welt. Ziel ist nichts weniger als ein «plastikfreies Liechtenstein».
Marcel zeigt auf eine grüne PET-Flasche, die in einer Vorrichtung auf einer Holzplatte steckt. Dieser sogenannte PET-Bot kann eine Flasche innert 15 Minuten in feine Streifen schneiden und spuckt am Ende ein farbiges Filament aus: Rohstoff für den 3D-Drucker.
Mit diesem PET-Bot allein wird Liechtenstein natürlich nicht plastikfrei. Doch anschaulicher kann Plastik-Recycling kaum sein, deshalb eignet sich die Maschine bestens, um Schulklassen das Thema näherzubringen. «Wir wollen Plastik als Rohstoff wieder wertvoll machen», sagt Juliana.
Der PET-Bot schneidet Plastikflaschen klein.
Entsprechend prominent ist die «Precious Plastic»-Ecke im Makerspace platziert. Betritt man den Raum, sieht man gleich als erstes verschiedene Schaubilder zum Thema Kunststoff und mehrere Maschinen für das Kunststoff-Recycling: Einen Shredder, der die verschiedensten Kunststoffe zu Schnipseln zerkleinert, oder eine Injektionsmaschine, mit der man das geschredderte Plastik schmelzen und in neue Formen spritzen kann. Praktisch: Für die dazu nötigen Gussformen aus Metall arbeiten die Makerspace-Betreiber mit der benachbarten Firma Wachter zusammen.
Die «Precious Plastic»-Ecke in Vaduz.
Lineale für eine ganze Schulklasse
Juliana wühlt in einer Box voller Plastikteile und holt verschiedene Prototypen hervor: matte und glänzende, marmorierte oder monochrome – je nachdem, aus welchen Kunststoff-Schnipseln sie gegossen wurden. Es gibt vieles, was man aus altem Plastik machen kann: Einen Velounterstand aus überdimensionalen Lego-Blöcken oder Karabiner oder Lineale für eine ganze Schulklasse.
Was – ausser ein plastikfreies Liechtenstein – wünschen sich Juliana und Marcel für ihren Makerspace? Zum Beispiel eine «Maker Faire Liechtenstein», sagt Marcel: «Wir wollen alle, die hier im Ländle tüfteln, zu einem Tag der Maker einladen.» Juliana möchte den «Maker Meetup» weiter ausbauen, einen monatlichen Treff für Tüftlerinnen und Tüftler.
Nach einem Besuch im Makerspace Liechtenstein wird offensichtlich: Im Industriegebiet von Vaduz ist etwas Innovatives gestartet. Die Voraussetzungen sind gegeben, dass daraus etwas Grosses wird und dass ein paar erfolgreiche Unternehmen von morgen hier ihre ersten Schritte tun.
Text
Roger Berhalter
Bilder
Marcio Ferreira dos Santos
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Makerspace Liechtenstein
Der Makerspace im Industriegebiet von Vaduz ist erst ein paar Monate alt. Doch schon jetzt setzen Juliana und Marcel Beck dort 1000 Ideen in die Tat um. Ihr Ziel: Ein plastikfreies Liechtenstein.
Es ist ein weiter Weg von Dubai nach Vaduz, vom Emirat in der Wüste bis ins Fürstentum im Rheintal. Marcel Beck kennt diesen Weg gut. Der 32-Jährige ist in Dubai aufgewachsen, wo sein Vater jahrzehntelang für die Liechtensteiner Firma Hilti tätig war.
Seit 2020 wohnen Marcel und seine Frau Juliana in Vaduz, wo die beiden dieses Jahr den Makerspace Liechtenstein gegründet haben. Warum? Juliana zeigt auf das kreative Durcheinander von Bauteilen und Werkzeugen auf einer Tischplatte in ihrem Makerspace: «Weil es sonst bei uns zu Hause so aussehen würde», sagt die 28-Jährige und lacht.
Der Makerspace Liechtenstein ist erst wenige Monate alt. Fast alles in der Fabrikhalle im Vaduzer Industriegebiet wirkt deshalb nagelneu: Die Holzwände und Dachlatten, welche die einzelnen Bereiche des Makerspaces voneinander trennen. Die gelaserten Holzschilder, die zeigen, wo sich der «Maschinenraum», der «3D-Druck» oder die «Lasertechnik» befinden. Auch die Schraubenzieher, Zangen und Bohrmaschinen in der üppig ausgestatteten Werkstatt haben noch kaum Kratzer.
Blick ins Grüne und aufs Fürstenschloss
Patina hat allein der abgewetzte Industrieboden, auf dem früher die Maschinen der Firma Wachter standen. Das Präzisionsmechanik-Unternehmen ist Eigentümerin des Gebäudes und hat mittlerweile weniger Raumbedarf – deshalb ist Platz frei geworden für den ersten öffentlichen Makerspace des Fürstentums Liechtenstein. Er ist als gemeinnütziger Verein organisiert, und erfahrene Bereichsmanagerinnen und -manager stehen dem Gründerduo Marcel und Juliana zur Seite.
Es dürfte der Makerspace mit der schönsten Aussicht sein: Auf beiden Seiten der Werkstatt blickt man durch grosse Fenster ins Grüne und in die Berge, von der Terrasse aus kann man das Schloss des Fürsten sehen.
Doch Juliana und Marcel haben wenig Zeit, die Aussicht zu geniessen. Nicht nur, weil sie einen Makerspace zum Laufen bringen wollen, sondern vor allem auch wegen ihrer eigenen Firma, die sich im selben Gebäude befindet. Ihre «Kreativ Akademie» ist ein Filmstudio mit Veranstaltungsraum, wo Juliana und Marcel Filmproduktionskurse anbieten und Comedy-Abende organisieren.
Ein Stockwerk tiefer befindet sich der Technopark Liechtenstein, und auf dessen Initiative ist auch der Makerspace entstanden. Als Marcel angefragt wurde, ob er die neue Tüftlerwerkstatt aufbauen wolle, sagte er sofort zu. Er wusste, wie das geht, schon in Dubai hatte er einen Makerspace gegründet. «Dort herrscht eine Wegwerfkultur. Ich aber bin ein Maker, ich repariere alles», sagt er lächelnd.
Weil Juliana und Marcel erst seit kurzem in Vaduz leben, gehen sie unbelastet an die Sache heran. «Uns kennt niemand in Liechtenstein», sagt Marcel, das sei im kleinen Fürstentum durchaus ein Vorteil. Jetzt knüpfen die beiden ständig Kontakte, tauschen sich mit Schulen, Firmen und Behörden aus – und sie haben 1000 Ideen, die sie im Makerspace verwirklichen wollen.
PET-Flaschen als Rohstoff für den 3D-Drucker
Schon jetzt sind sie Mitglied bei «Precious Plastic». Der Makerspace Liechtenstein ist Teil dieses gemeinnützigen Kunststoffrecycling-Projekts, zusammen mit Plastik-Handwerkern und Tüftlern auf der ganzen Welt. Ziel ist nichts weniger als ein «plastikfreies Liechtenstein».
Marcel zeigt auf eine grüne PET-Flasche, die in einer Vorrichtung auf einer Holzplatte steckt. Dieser sogenannte PET-Bot kann eine Flasche innert 15 Minuten in feine Streifen schneiden und spuckt am Ende ein farbiges Filament aus: Rohstoff für den 3D-Drucker.
Mit diesem PET-Bot allein wird Liechtenstein natürlich nicht plastikfrei. Doch anschaulicher kann Plastik-Recycling kaum sein, deshalb eignet sich die Maschine bestens, um Schulklassen das Thema näherzubringen. «Wir wollen Plastik als Rohstoff wieder wertvoll machen», sagt Juliana.
Entsprechend prominent ist die «Precious Plastic»-Ecke im Makerspace platziert. Betritt man den Raum, sieht man gleich als erstes verschiedene Schaubilder zum Thema Kunststoff und mehrere Maschinen für das Kunststoff-Recycling: Einen Shredder, der die verschiedensten Kunststoffe zu Schnipseln zerkleinert, oder eine Injektionsmaschine, mit der man das geschredderte Plastik schmelzen und in neue Formen spritzen kann. Praktisch: Für die dazu nötigen Gussformen aus Metall arbeiten die Makerspace-Betreiber mit der benachbarten Firma Wachter zusammen.
Lineale für eine ganze Schulklasse
Juliana wühlt in einer Box voller Plastikteile und holt verschiedene Prototypen hervor: matte und glänzende, marmorierte oder monochrome – je nachdem, aus welchen Kunststoff-Schnipseln sie gegossen wurden. Es gibt vieles, was man aus altem Plastik machen kann: Einen Velounterstand aus überdimensionalen Lego-Blöcken oder Karabiner oder Lineale für eine ganze Schulklasse.
Was – ausser ein plastikfreies Liechtenstein – wünschen sich Juliana und Marcel für ihren Makerspace? Zum Beispiel eine «Maker Faire Liechtenstein», sagt Marcel: «Wir wollen alle, die hier im Ländle tüfteln, zu einem Tag der Maker einladen.» Juliana möchte den «Maker Meetup» weiter ausbauen, einen monatlichen Treff für Tüftlerinnen und Tüftler.
Nach einem Besuch im Makerspace Liechtenstein wird offensichtlich: Im Industriegebiet von Vaduz ist etwas Innovatives gestartet. Die Voraussetzungen sind gegeben, dass daraus etwas Grosses wird und dass ein paar erfolgreiche Unternehmen von morgen hier ihre ersten Schritte tun.
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