FabLab Winti
Elektroniklabor für Bastler und Profis: Ein Besuch im FabLab Winti
Früher wurden hier Dampflokomotiven gebaut, heute siedeln sich Jungunternehmer, Forscherinnen und Tüftler an. Das FabLab Winti ist eine digitale Werkstatt im Keller des Technoparks Winterthur. Ihre Mitglieder verfügen nicht nur über 3D-Drucker und Lasercutter, sondern auch über das erste offene Elektroniklabor der Schweiz.
Stefan Meyre hält zwei Messinstrumente in der Hand und drückt sie links und rechts an ein elektronisches Bauteil, einen so genannten Quarzfilter. Sofort formt sich vor ihm auf dem Bildschirm eine Kurve. «Ah ja, da kommt was», sagt Meyre zufrieden. Die Messwerte des Spektrumanalysators stimmen, der Quarzfilter funktioniert. Meyre legt die Instrumente wieder zurück an ihren Platz.
Das Elektroniklabor im FabLab Winti ist derzeit Meyres ganzer Stolz. «Es ist das erste öffentlich zugängliche Elektroniklabor der Schweiz», sagt der 61-Jährige, der als Elektroingenieur in der Energiebranche arbeitet. Mit den günstigen Hobbygeräten aus dem Baumarkt habe dieses Labor wenig zu tun, vielmehr sei es – privaten Sponsoren sei Dank – mit hochwertigen Geräten bestückt.
«Mit unseren Geräten kann man auch Bluetooth-, Wifi- und HF-Sender ausmessen», sagt Stefan Meyre, Vorstandsmitglied im FabLab Winti.
Es gibt einen Schablonendrucker, um Lötpaste auf Leiterplatten aufzutragen. Eine SMD Lötstation, mit der man auch kleinste Elektronikbauteile präzis verlöten kann, samt Stereomikroskop zur Qualitätskontrolle. Weiter ein Oszilloskop und der erwähnte Spektrumanalysator, die sich beide für Hochfrequenz-Applikationen eignen.
«Damit kann man auch Bluetooth-, Wifi- und HF-Sender ausmessen», erklärt Meyre, der als Amateurfunker selber solche Sender nutzt. Das Elektroniklabor sei aber nicht nur für Funkexperten gedacht, sondern für alle: «Der Hobbybastler kann hier genauso ran wie der Profi.»
Blick in das Elektroniklabor.
Damit entspricht das Elektroniklabor dem Grundsatz des FabLab Winti, allen einen einfachen Zugang zu neuesten digitalen Fabrikationstechnologien zu ermöglichen. Besonders gut gebucht sind die zwei Lasercutter, zur Ausstattung des FabLabs gehören aber auch mehrere 3D-Drucker und eine räumlich abgetrennte mechanische Werkstatt mit CNC-Fräse, Drehbank, Schleif- und Bohrmaschinen.
Arduino-Einsteiger-Kurse im FabLab Winti
«Hier kann ich Lärm machen, ohne jemanden zu stören», sagt Christoph Nägeli, der an diesem Donnerstagabend als Labmanager vor Ort ist. Die Werkstatt sei ein Grund, weshalb er regelmässig ins FabLab komme.
Wichtig sei ihm auch der Austausch mit den anderen Vereinsmitgliedern. Später wird Nägeli mit Markus Leutwyler über dessen aktuelles Projekt fachsimpeln: Leutwyler bereitet gerade einen Workshop für die World Space Week vor. Mit selbst gebauten Bodenstationen möchte er Signale von verschiedenen Satelliten empfangen.
Das FabLab Winti in vier Sätzen:
Das FabLab Winti ist als Verein organisiert und zählt derzeit 180 Mitglieder. Sie erhalten zu Beginn einen Einführungskurs und können anschliessend die Infrastruktur selbständig während der Öffnungszeiten nutzen. Viermal pro Woche ist die Werkstatt geöffnet, am Dienstag-, Mittwoch- und Donnerstagabend sowie am Samstagnachmittag. Die Basismitgliedschaft kostet 149 Franken pro Jahr, Jugendliche sind schon ab 60 Franken pro Jahr dabei.
Früher Schwerindustrie, heute Jungunternehmen
Das FabLab befindet sich in guter Nachbarschaft und in inspirierender Umgebung. Im selben Gebäude ist der Technopark Winterthur angesiedelt, wo Startups und Kleinfirmen mit etablierten Unternehmen sowie mit Forschungsinstituten der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) unter einem Dach zusammenarbeiten.
Nebenan wächst gerade die Lokstadt aus dem Boden, ein neuer Stadtteil von Winterthur auf dem früheren Gelände der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik. Im 19. Jahrhundert wurden hier Dampflokomotiven produziert und in die ganze Welt verschifft. Diese Schwerindustrie ist verschwunden. Heute siedeln sich Jungunternehmen, innovative Gastronomen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen an – und mittendrin liegt das FabLab.
Entstanden ist es 2014 durch private Initiative einiger Gleichgesinnter. Ein Crowdfunding finanzierte die erste Jahresmiete sowie den Bausatz für einen Lasercutter. Heute ist die 130 Quadratmeter grosse Werkstatt ein lebendiger Teil des Werk- und Denkplatzes Winterthur.
Das FabLab hat sich mit vielen Kursen, Tagen der offenen Tür, öffentlichen Auftritten und Mitgliederanlässen einen Namen gemacht. Der Verein ist sowohl auf Twitter und Facebook aktiv, aber auch regelmässig mit einem Infostand in der Winterthurer Marktgasse vertreten.
Dabei kommt das FabLab Winti ohne Subventionen der öffentlichen Hand aus. «Der Verein gehört den Mitgliedern», betont Stefan Meyre, der im fünfköpfigen Vorstand aktiv ist. Für grössere Anschaffungen wie etwa die Geräte des neuen Elektroniklabors suche man jeweils nach Sponsoren.
Für Unternehmen lohne sich so eine Unterstützung, sagt Meyre, da sie verhältnismässig günstig sei und garantiert am richtigen Ort ankomme – nämlich im FabLab, wo auch Kinder und Jugendliche ein und aus gehen, die potenziellen Fachkräfte von morgen. In der digitalen Werkstatt in Winterthur werden sie an Technologie herangeführt – und das kann später den Ausschlag dafür geben, dass sie einen MINT-Beruf ergreifen.
Text
Roger Berhalter
Bilder
Sara Spirig
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Roger Berhalter (Text), Sara Spirig (Bilder)
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Stefan Meyre hält zwei Messinstrumente in der Hand und drückt sie links und rechts an ein elektronisches Bauteil, einen so genannten Quarzfilter. Sofort formt sich vor ihm auf dem Bildschirm eine Kurve. «Ah ja, da kommt was», sagt Meyre zufrieden. Die Messwerte des Spektrumanalysators stimmen, der Quarzfilter funktioniert. Meyre legt die Instrumente wieder zurück an ihren Platz.
Das Elektroniklabor im FabLab Winti ist derzeit Meyres ganzer Stolz. «Es ist das erste öffentlich zugängliche Elektroniklabor der Schweiz», sagt der 61-Jährige, der als Elektroingenieur in der Energiebranche arbeitet. Mit den günstigen Hobbygeräten aus dem Baumarkt habe dieses Labor wenig zu tun, vielmehr sei es – privaten Sponsoren sei Dank – mit hochwertigen Geräten bestückt.
Es gibt einen Schablonendrucker, um Lötpaste auf Leiterplatten aufzutragen. Eine SMD Lötstation, mit der man auch kleinste Elektronikbauteile präzis verlöten kann, samt Stereomikroskop zur Qualitätskontrolle. Weiter ein Oszilloskop und der erwähnte Spektrumanalysator, die sich beide für Hochfrequenz-Applikationen eignen.
«Damit kann man auch Bluetooth-, Wifi- und HF-Sender ausmessen», erklärt Meyre, der als Amateurfunker selber solche Sender nutzt. Das Elektroniklabor sei aber nicht nur für Funkexperten gedacht, sondern für alle: «Der Hobbybastler kann hier genauso ran wie der Profi.»
Damit entspricht das Elektroniklabor dem Grundsatz des FabLab Winti, allen einen einfachen Zugang zu neuesten digitalen Fabrikationstechnologien zu ermöglichen. Besonders gut gebucht sind die zwei Lasercutter, zur Ausstattung des FabLabs gehören aber auch mehrere 3D-Drucker und eine räumlich abgetrennte mechanische Werkstatt mit CNC-Fräse, Drehbank, Schleif- und Bohrmaschinen.
Arduino-Einsteiger-Kurse im FabLab Winti
«Hier kann ich Lärm machen, ohne jemanden zu stören», sagt Christoph Nägeli, der an diesem Donnerstagabend als Labmanager vor Ort ist. Die Werkstatt sei ein Grund, weshalb er regelmässig ins FabLab komme.
Wichtig sei ihm auch der Austausch mit den anderen Vereinsmitgliedern. Später wird Nägeli mit Markus Leutwyler über dessen aktuelles Projekt fachsimpeln: Leutwyler bereitet gerade einen Workshop für die World Space Week vor. Mit selbst gebauten Bodenstationen möchte er Signale von verschiedenen Satelliten empfangen.
Das FabLab Winti in vier Sätzen:
Das FabLab Winti ist als Verein organisiert und zählt derzeit 180 Mitglieder. Sie erhalten zu Beginn einen Einführungskurs und können anschliessend die Infrastruktur selbständig während der Öffnungszeiten nutzen. Viermal pro Woche ist die Werkstatt geöffnet, am Dienstag-, Mittwoch- und Donnerstagabend sowie am Samstagnachmittag. Die Basismitgliedschaft kostet 149 Franken pro Jahr, Jugendliche sind schon ab 60 Franken pro Jahr dabei.
Früher Schwerindustrie, heute Jungunternehmen
Das FabLab befindet sich in guter Nachbarschaft und in inspirierender Umgebung. Im selben Gebäude ist der Technopark Winterthur angesiedelt, wo Startups und Kleinfirmen mit etablierten Unternehmen sowie mit Forschungsinstituten der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) unter einem Dach zusammenarbeiten.
Nebenan wächst gerade die Lokstadt aus dem Boden, ein neuer Stadtteil von Winterthur auf dem früheren Gelände der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik. Im 19. Jahrhundert wurden hier Dampflokomotiven produziert und in die ganze Welt verschifft. Diese Schwerindustrie ist verschwunden. Heute siedeln sich Jungunternehmen, innovative Gastronomen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen an – und mittendrin liegt das FabLab.
Entstanden ist es 2014 durch private Initiative einiger Gleichgesinnter. Ein Crowdfunding finanzierte die erste Jahresmiete sowie den Bausatz für einen Lasercutter. Heute ist die 130 Quadratmeter grosse Werkstatt ein lebendiger Teil des Werk- und Denkplatzes Winterthur.
Das FabLab hat sich mit vielen Kursen, Tagen der offenen Tür, öffentlichen Auftritten und Mitgliederanlässen einen Namen gemacht. Der Verein ist sowohl auf Twitter und Facebook aktiv, aber auch regelmässig mit einem Infostand in der Winterthurer Marktgasse vertreten.
Dabei kommt das FabLab Winti ohne Subventionen der öffentlichen Hand aus. «Der Verein gehört den Mitgliedern», betont Stefan Meyre, der im fünfköpfigen Vorstand aktiv ist. Für grössere Anschaffungen wie etwa die Geräte des neuen Elektroniklabors suche man jeweils nach Sponsoren.
Für Unternehmen lohne sich so eine Unterstützung, sagt Meyre, da sie verhältnismässig günstig sei und garantiert am richtigen Ort ankomme – nämlich im FabLab, wo auch Kinder und Jugendliche ein und aus gehen, die potenziellen Fachkräfte von morgen. In der digitalen Werkstatt in Winterthur werden sie an Technologie herangeführt – und das kann später den Ausschlag dafür geben, dass sie einen MINT-Beruf ergreifen.