Roger Berhalter (Text), Sara Spirig (Bilder)

FabLab Zug
In der Fabrikhalle sprudeln die Ideen: Ein Besuch im FabLab Zug

Sobald man das FabLab Zug betritt, tun sich unzählige Möglichkeiten auf. Dank einem cleveren Maschinenpark lässt sich hier fast jede Idee in die Tat umsetzen. Der Machergeist vor Ort steckt alle an: In der Tech Academy lernen schon Kinder und Jugendliche, wie Mechanik geht. 

Hier werden also Roboter gebaut. Oder CO2-Messgeräte entwickelt. Oder kaputte Lasercutter geflickt. Oder Holz gesägt, Metall gefräst oder in einer Schulung über die Digitalisierung nachgedacht. Vieles ist möglich im FabLab Zug, und vieles passiert in der hellen Fabrikhalle im Zuger Industriegebiet. 

«Heute ist es ungewöhnlich still hier», sagt Nijo Scheibner fast entschuldigend, als er an einem Donnerstagabend durch die Halle führt. Zusammen mit Joel Iselin zählt er zu den treibenden Kräften des FabLabs, das die beiden einst als private Kleinwerkstatt starteten. Seit 2019 befindet sich das Fabrikationslabor am jetzigen Standort, ist professionell ausgestattet und wird getragen von einem Verein mit fast 100 Mitgliedern.

Im Leben zählen auch die Möglichkeiten

Nijo Scheibner, 24, programmiert tagsüber Applikationen und ist der IT-Fachmann im Team. Joel Iselin, 26, kennt sich als Automatiker mit Maschinen aus, insbesondere mit deren elektrischen Steuerungen. Warum sie beide trotz 100-Prozent-Job oft abends und an Wochenenden noch eine ehrenamtliche Schicht im FabLab anhängen? «Geld ist nicht alles. Im Leben zählen auch die Möglichkeiten. Und hier im FabLab haben wir viele Möglichkeiten!», sagt Joel. 

In der Tat würde man am liebsten grad in der Fabrikhalle bleiben und einen der 3D-Drucker in Betrieb nehmen, sich an die Lötstation setzen, mit dem Plasmaschneider oder der Kreissäge hantieren oder sonst ein Projekt starten. 

So wie jenes Gebilde, das in der Mitte des Raumes steht und aussieht wie ein Tisch mit aufmontiertem Gerüst. Es handelt sich um einen Esstisch, der mit allerlei Technik ausgestattet und für abenteuerliche Dinner-Abende gedacht ist. Mehr möchte Nijo nicht verraten. «Ist noch nicht spruchreif», sagt er und lächelt verschmitzt und auch ein bisschen stolz. Denn solche Experimente und Tüfteleien entsprechen genau dem Gedanken eines FabLabs. 

Profimaschinen für alle

Laien können hier auf Profigeräten jeden erdenklichen Prototyp herstellen, dies dank computergestützter Fertigung und einem clever zusammengestellten Geräte- und Maschinenpark. «Wir möchten allen Zugang zu Maschinen geben, die man sich alleine nicht leisten kann. Und wir vermitteln das nötige Know-How, damit alle damit arbeiten können», sagt Nijo. Schon nach einem kurzen Einführungskurs kann man die Maschinen selbständig nutzen und selber im FabLab tüfteln.

Clever: Die Maschinen in der Werkstatt sind auf Drehscheiben oder Räder montiert und lassen sich bei Bedarf einfach hervorholen.

Die Fabrikhalle ist auch ein Schulungsraum

Die meisten Maschinen, auch die schweren, sind mobil und lassen sich bei Bedarf hervorholen und wieder verstauen. «Flexibilität im Raum ist wichtig», sagt Joel. So verströmt das FabLab gleichzeitig eine technisch-aufgeräumte Atmosphäre und die Verheissung, dass alles auch anders sein könnte. 

Ruck, zuck lässt sich der Raum nämlich neu ein- und auf ein Projekt ausrichten: Wer die CNC-Fräse benötigt, zieht sie hervor und arbeitet in seiner eigenen temporären Werkstatt. Wer eine Schulung geben möchte, räumt die Tische weg, stellt Stuhlreihen auf und zieht von der Decke die Leinwand für den Beamer herunter.

Auch fixe Arbeitsplätze für längere Zeit sind verfügbar; das FabLab vermietet mehrere Co-Working-Plätze. Unter anderem dank dieser Mieteinnahmen kann sich das FabLab mittlerweile zu einem guten Teil selber finanzieren.

Pressluft und Starkstrom

Auch die Vermieterin V-Zug kommt den jungen Tüftlern mit einem günstigen Mietzins entgegen. Das FabLab liegt mitten auf dem Areal des Zuger Traditionsunternehmens, das hier schon seit über 100 Jahren produziert, und ist Teil des «Tech Cluster Zug»So heisst der Innovationspark, der hier gerade entsteht und Start-ups sowie technischen Firmen und Institutionen eine professionelle Infrastruktur bietet. 

Im FabLab zeigt sich dies zum Beispiel am Pressluft-Anschluss und an der potenten 30-Ampere-Stromleitung in der Werkstatt. «Das unterscheidet die Bastler von den Profis», sagt Joel, der natürlich zu letzteren gehört.

Nähatelier mit Hängematte: Manche richten sich länger im FabLab ein und mieten einen der Co-Working-Plätze.

Eine Technikschule für die Kids

Um auch Kinder und Jugendliche für Technik zu begeistern und zum Machen zu motivieren, haben Nijo und Joel kürzlich die Tech Adacemy gegründet. Jeweils an Samstagen öffnen sie diese Technikakademie für alle Interessierten, egal wie alt oder jung. 

Einen fixen Unterrichtsplan gibt es nicht, vielmehr gehen die beiden vor Ort auf die Interessen der Teilnehmenden ein. «Was willst du heute machen? Was interessiert dich? Diese Fragen stehen am Anfang, und dann gehen wir praxisorientiert Schritt für Schritt vor.» Das sei die schnellste Variante. «Wissen, das man auf Vorrat lernt, geht meist wieder vergessen. Projekte aber bleiben in Erinnerung.»

Laser flicken in der Tech Academy

Aktuell reparieren Nijo und Joel in der Tech Academy mit zwei Mädchen und einem Buben einen Lasercutter – und vermitteln den Kindern dabei Grundlagen der Mechanik und der Lasertechnik. «Als Nächstes müssen wir uns einen Plan machen, wie wir die neuen Teile einbauen wollen», schreiben sie in einem Blogbeitrag. «Da werden wir bestimmt viele Bauteile selber konstruieren müssen.»

Die Ideen gehen den FabLab-Betreibern also so schnell nicht aus. Und ständig tun sich neue Möglichkeiten auf. Joel: «Je mehr man kann, desto mehr Möglichkeiten ergeben sich, um die perfekte Lösung zu finden. Das macht süchtig.»

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