EIN BERICHT ÜBER PATRICK JOST
Tüftler, Designer und Unternehmer – Patrick Jost ist dreierlei. Als selbstständiger Programmierer und Gestalter von interaktiven Installationen im Bereich Kunstvermittlung und Ausstellungen ist das Entwickeln sein Job und Hobby zugleich. Für den 3D-Drucker hat Patrick eine Software entwickelt, um Formen aus Ton zu generieren.
Seit seiner Entstehung Mitte der 80er-Jahren hat der 3D-Druck als Technologie eine breite Faszination erlangt. Damit lassen sich dreidimensionale Objekte aus Materialien wie Keramik, Metall, Sand, Kunststoff oder Wachs modellieren. Fasziniert von den Möglichkeiten des technischen Druckverfahrens setzt sich Patrick schon lange damit auseinander. Denn seit klein auf ist seine Leidenschaft das Tüfteln. Am liebsten tüftelt Patrick an interaktiven Installationen, die er seit 13 Jahren unter dem Namen Elektromeier herstellt. «Der 3D-Druck ist ein geniales Tool für die Herstellung von Prototypen und funktionalen Einzelteilen. Gewisse Teile, für die man einen konkrete Verwendungszweck vorsieht, wie beispielsweise eine spezifische Halterung für einen Motor, sind schlichtweg nicht ab Stange zu finden. Darum ist es oft zeitsparend und kostengünstiger, mittels 3D-Drucker selber das benötigte Teil aus Plastik anzufertigen. So lassen sich digitale Ideen innert kürzester Zeit in die Realität umsetzen und werden plötzlich antastbar, was den Entwicklungsprozess enorm beschleunigt», erklärt der 44-Jährige begeistert.
Patrick Jost mit seinem 3D-gedruckten Tiki-Becher.
Ein Synthesizer für Keramikformen im 3D-Druck
Wenn er tüftelt, dann soll es schliesslich auch funktionieren, zumindest im weitesten Sinne. Nicht immer müsse das Endprodukt einen direkten Nutzen aufweisen. Vielmehr müsse das Experiment an sich Spass machen. Weil das Thema 3D vielen immer noch fremd ist, sind seine freien Arbeiten meist spielerischer Natur und interaktiv aufgebaut. Immer mit dem Ziel, durch eine spielerische Teilnahme das Eis zwischen den 3D-Installationen im Raum und den Nutzern zu brechen. Aus Freude an schönen Objekten hat Patrick vor 17 Jahren auch mit dem Druck von Keramik begonnen. «Ton bleibt flexibel, wenn er aus der Düse herauskommt – im Vergleich zu Plastik, der sofort hart wird. Damit lässt sich spielen», erklärt Patrick. Das 3D-Druckprogramm nutzt diese Stärke vom Material gar nicht aus, weshalb er in der Softwarebibliothek eine Erweiterung für die Generierung von Formen aus Ton erstellt habe. Mit dieser lassen sich die Druckpfade und Motoren des 3D-Druckers besser steuern und das Objekt generativ beeinflussen. «So hat man mehr Kontrolle über das Material, wie man es von Hand kaum erreicht», so Patrick weiter. «Quasi ein Synthesizer für Formen, der sogar Keramik im 3D-Druck für Vasen und Tassen formt.»
Tiki-Becher aus Seremik: 3D gedruckte und mit der Hand glasierte Keramik aus natürlichem Töpferton.
Dank der Softwareerweiterung durch Patrick kann der 3D-Drucker nun auch Formen aus Ton drucken.
Den Seremik Ton-Drucker im Einsatz siehst du in diesem Video.
Über jugendliche Spielereien und Kundenaufträge
Das erste Mal in Berührung mit einer kreativen Programmierung von 3D kam Patrick im Alter von 20 Jahren. «Damals hatte ich zusammen mit Freunden Techno-Partys im Club KUGL organisiert. Für die Kreation der Visuals zum Sound habe ich mir die 3D-Software VVVV beigebracht», erinnert sich Patrick. Was mit einer Spielerei begonnen hat, führt Patrick in seinen Arbeiten seither mal mit mehr, mal mit weniger Ernsthaftigkeit weiter. «Meist habe ich keine konkrete Idee, woran ich herumexperimentieren möchte. Ich denke in Einzelteilen – wie bei einem Lego-Spiel beginne ich einfach mal zu bauen und schaue, was dabei entsteht», so Patrick. Durch die spielerischen Herangehensweise entstehen auch spielerische Formate. Im Grunde seien die 3D-Vasen und Tassen auch Visuals, bloss Dreidimensionale. Aus der Kombination von einzelnen Technologien lassen sich im 3D-Programm interessante Zweckentfremdungen erschaffen.
Das Freakigste, was er je entwickelt hat, ist eine Taschenlampe, die weiss, wo sie ist und wohin sie leuchtet und in einer überlagerten digitalen Layer eine dynamische Live-Projektion für alle sichtbar macht. «Mit meinen Mitteln ist es allerdings schwierig, daraus ein kommerzielles Endprodukt zu machen. Mir schwebt eine Geistergeschichte vor, die als Spiel in einem Escape Room eine lustige Anwendung findet.» Geld generiert er vor allem aus Aufträgen von Werbeagenturen. Oft kommen Kunden mit einer Vorstellung zu Patrick, die wiederum technisch kaum umsetzbar sind. Arbeitet man jene im Detail aus oder treibt sie auf die Spitze, komme es schliesslich aber meist gut. So sei auch sein bisher anspruchsvollstes Projekt entstanden: «Für einen aussergewöhnlichen Messeauftritt einer Basler Firma, die durch Einsatz von zukunftsweisenden digitalen Technologien Lichtlösungen entwickelt, habe ich erstmals eine interaktive Installation mit Robotern gebaut. Die grosse Herausforderung war, das Mechanische in Einklang mit dem Technischen zu bringen, was mir schliesslich gelungen ist. Nach einem halben Jahr Entwicklungszeit fuhren robotisierte Lampen, befestigt mittels Magneten an der Decke, den Messebesuchern nach, sodass sich jene immer im Lichtstrahl befanden», berichtet Patrick stolz.
Solche Spielereien sind auch Thema am Sankt Elektronika, bei dessen Organisation Patrick in den vergangenen Monaten stark eingebunden war. Das Festival für elektronische Kunst hat das Ars Elektronica in Linz zum Vorbild, das seit den 80er-Jahren aktuelle technologische Entwicklungen in unserer digitalen Gesellschaft beleuchtet. «Wir wollten vor allem Leute aus der Schweiz einladen, ihre eigenen Projekte auf einer digitalen Spielwiese zu zeigen und somit digitale Installationen für alle erlebbar machen», erzählt Patrick, der hierfür, gut vernetzt in dieser Szene, als Kurator seine Kontakte spielen liess. Aufgrund den gegebenen Umständen musste das Festival, das Ende Oktober bis Anfang November in St. Gallen stattgefunden hätte, allerdings abgesagt werden.
Einfach machen
Langweilig wird es Patrick trotzdem nicht. Im Rahmen eines wissenschaftlichen Projekts der Universität Zürich arbeitet er aktuell an einer technischen Realisation einer Virtual Reality-Simulation und programmiert dafür 3D-Visuals. Sein Hauptprojekt neben seiner Firma ist ausserdem der Weltraum. Darin veranstaltet er zusammen mit seiner Besatzungscrew Talks, Games und Workshops zu Drinks und Sounds unter dem Namen Spielzimmer, bei denen in einer unkomplizierten Bar- und Clubatmosphäre Leute mit ähnlichen Interessen aufeinandertreffen. In solchen Makerspaces und über das Internet lerne man am einfachsten Gleichgesinnte kennen. Der Austausch helfe auch, um eigene Projekte zu starten. Patricks Empfehlung, wenn man Lust bekommen hat 3D-Druck selbst auszuprobieren: «Sich ein Projekt ausdenken und einfach mal loslegen!» Inzwischen sind 3D-Drucker in einem vorgefertigten Bausatz erschwinglich zu erwerben. Die Alternative ist das Aufsuchen eines Ortes, wo bereits ein Drucker steht und man gegebenenfalls einen Workshop besuchen kann. Bald sollen im Weltraum auch Kurse zum 3D-Druck angeboten werden. «Abheben in 3D ist die nächste Mission im Weltraum», verrät Patrick. VR oder 3D ist heutzutage sogar den Fünft- und Sechstklässlern ein Begriff. So bot das Bildungslab Smartfeld im Startfeld Innovationszentrum in St. Gallen im Rahmen des nationalen Digitaltages vergangenen Jahres Kurse für Schüler an, um sich spielerisch mit den digitalen Herausforderungen der Zukunft auseinanderzusetzen. «Damit wir Erwachsene da noch mithalten können, sind wir aktuell dran, das Kursangebot rund um den 3D-Druck zu erweitern. Wir müssen uns bloss noch festlegen, wie das genau stattfinden soll!»